www.lohndumping.de - hier können Arbeitnehmer erkunden, wie viel ihre KollegInnen im Schnitt verdienen.
19.01.2014
Archivmeldungen 2014
Fast 1,5 Millionen Besucher hat das Gehaltsportal www.lohnspiegel.de im Jahr 2013 verzeichnet, gut 13.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben in den vergangenen zwölf Monaten den dort hinterlegten Online-Fragebogen zu ihren Lohn- und Arbeitsbedingungen ausgefüllt. Für Dr. Reinhard Bispinck vom WSI-Tarifarchiv eine erfreuliche Entwicklung.
Seit nunmehr zehn Jahren sammelt das Wissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung Selbstauskünfte über Arbeitsbedingungen sowie tatsächlich gezahlte Löhne und Gehälter. Eine Sammelwut mit Folgen: Über 374 verschiedene Berufe und Tätigkeiten liegen beim WSI inzwischen derart detaillierte Informationen vor, dass die Daten in Form eines „Gehalts-Checks“ an die Öffentlichkeit weitergegeben werden. Arbeitnehmer aus fast allen Branchen können unter der Web-Adresse www.lohnspiegel.de mit nur wenigen Klicks Angaben darüber abfragen, wie viel Geld bei Angehörigen ihres Berufsstandes durchschnittlich in der Lohntüte landet. Bei der Erfassung der Daten unterscheidet das WSI zwischen Männern und Frauen und bezieht auch Themen, wie Berufserfahrung, Betriebsgröße und Region (Ost/West) mit ein. Außerdem veröffentlicht das Institut Jahr für Jahr ausführliche Analysen zu einzelnen Berufsgruppen, in diesem Jahr beispielsweise zu den Arbeitsbedingungen in der Pflege. Die Zahlen sind zwar nicht repräsentativ, liefern aber für viele Berufe zumindest Orientierungsdaten.

Daten allerdings, die oft nicht den gewerkschaftlich ausgehandelten Tarifen entsprechen. Will man sich beispielsweise als Maurer mit 12 Jahren Berufserfahrung in Hamburg nach üblichen Löhnen erkundigen, ermittelt der Gehalts-Check auf Grundlage der Angaben von 506 Beschäftigten aus dem gesamten Bundesgebiet diese Aussage: „Ihre Kolleginnen und Kollegen verdienen brutto im Durchschnitt 14,14 Euro in der Stunde“. Der von der IG BAU verhandelte Tariflohn aber, der in der Hansestadt noch überwiegend gezahlt wird, liegt zur Zeit bei 17,62 Euro – ein erheblicher Unterschied. Die Gefahr, dass der Lohnspiegel mit seinen Daten zur Tarifflucht anregt, sieht Bispinck gleichwohl nicht: „Wenn man Transparenz schafft, leuchtet man eben auch die schmutzigen Ecken aus“, sagt er. Grundsätzlich aber stärke Transparenz in Lohnfragen die Position der Beschäftigten

Seit dem Projektstart 2004 haben sich mehr als eine Viertelmillion Besucher an der Umfrage beteiligt und ihre Daten für den Gehalts-Check zur Verfügung gestellt. Für Bispinck und seine Kollegen ein großer Erfolg: „Mittlerweile nutzen neben vielen Beschäftigten auch Verbände, Institutionen und Gewerkschaften unsere Daten und arbeiten damit. Wir sind mit der ganzen Geschichte schon sehr zufrieden.“ Der „Lohnspiegel“ ist Bestandteil eines internationalen Wage-Indicator-Netzwerkes, an dem sich mittlerweile Projekte aus 70 Ländern beteiligen. Bispinck: „Grundgedanke, Grundphilosophie ist es, mehr Transparenz über Löhne und Arbeitsbedingungen und damit die Grundlage für mehr Fairness auf den Arbeitsmärkten zu schaffen.

Wer sich an der Langzeitstudie beteiligen will, kann die eigenen Lohn- und Arbeitsbedingungen hier angeben. Dieser Artikel ist zuerst in der Berliner Tageszeitung "Neues Deutschland" erschienen.

Olaf Harning