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Hamburgs frisch gewählter IG BAU-Vorsitzender Achim Bartels (Foto: Harning).
15.03.2022
Archivmeldungen 2022

Wechsel an der Spitze der IG BAU Hamburg: Auf einem Bezirksverbandstag im Bürgerhaus Wilhelmsburg wählten die Delegierten am vergangenen Samstag den 58jährigen Stahlbetonbau-Meister Achim Bartels zum ihrem neuen Bezirksvorsitzenden, sein Vorgänger Matthias Maurer war nach 13 Jahren an der Spitze der Gewerkschaft nicht wieder angetreten. Stellvertretender Vorsitzender in Hamburg bleibt Uwe Nack.

Die turnusmäßig für 2021 angesetzte Versammlung war pandemiebedingt auf dieses Jahr verschoben worden und fand unter 2Gplus-Bedingungen statt.

Überschattet wurde der Bezirksverbandstag vom russischen Angriff auf die Ukraine: Sowohl der scheidende Bezirksvorsitzende Matthias Maurer und IG BAU-Regionalleiter André Grundmann, als auch Hamburgs DGB-Vorsitzende Tanja Chawla stellten den Ukraine-Krieg in den Mittelpunkt ihrer Reden und forderten das sofortige Ende der Kampfhandlungen.

Aus Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und den dortigen Gewerkschaften verabschiedeten die 32 Delegierten anschließend eine Resolution, in der u.a. Sanktionen gegen Russland und eine Abkehr von russischen Energielieferungen befürwortet werden. Die geplante Erhöhung des deutschen Wehretats sieht die IG BAU Hamburg hingegen kritisch.

Neben der bedrückenden Nachrichtenlage drehte sich im Bürgerhaus Wilhelmsburg alles um die weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen für Gewerkschaftsarbeit durch die Corona-Pandemie und um die personellen Wechsel bei der IG BAU Hamburg.

Tanja Chawla vor einer großen Leinwand
Tanja Chawla, Vorsitzende des DGB Hamburg.

Seit März 2009 hatte Matthias Maurer an deren Spitze gestanden und die Organisation durch wahrlich schwierige Zeiten geführt - die lange Krise am Bau, sinkende Mitgliederzahlen, bröckelndes ehrenamtliches Engagement und politisch nicht selten gewerkschaftsfeindliche Rahmenbedingungen sind nur einige Stichworte dazu.

Mit welchen Problemen die IG BAU Hamburg in den letzten Jahren zu kämpfen hatte, schien daher auch bei "Matthes" letzter Rede zum Geschäftsbericht durch. Denn was in Unternehmen einen durchaus positiven Klang hat, bedeutet bei Gewerkschaften meist nichts Gutes: das dauerhafte Unterschreiten des Budgets. "Wir haben zu wenig gemacht", rief er selbstkritisch in den Saal. Und wenn dazu noch die Mitgliederzahlen beim einstigen Flaggschiff der Organisation - dem Bauhauptgewerbe - in den letzten fünf Jahren um 26 Prozent zurückgegangen sind, ist das ein unschöner Mix, auch wenn es in Branchen wie der Gebäudereinigung durchaus Zuwächse gab.

Matthias Maurer vor dunklem Hintergrund am Rednerpult.
Matthias Maurer: Nach 13 Jahren an der Spitze der IG BAU Hamburg zieht sich der Zimmerermeister auf die betriebliche und sozialpolitische Ebene zurück.

Matthias Maurer: "Wir kommen aus einer Tradition der Facharbeitergewerkschaften. Jetzt müssen wir es schaffen, auch Angestellte und Wanderarbeiter zu organisieren. Wir müssen da was tun".

Dass dies keine leeren Appelle sind, hatte Maurer in den letzten Jahren bei seinem Arbeitgeber, der Hochtief AG in Hamburg bewiesen, wo nach dem Austritt des Konzerns aus dem Arbeitgeberverband inzwischen ein Großteil der Angestellten gewerkschaftlich organisiert ist. Dort ist der 60jährige aktuell Betriebsratsvorsitzender, GBR-Vorsitzender, Mitglied der Verhandlungskomission und Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender.

Kein Wunder also, dass selbst im großen Saal des Bürgerhauses, in dem die Delegierten in weitem Abstand voneinander verteilt waren, tatsächlich so etwas wie Stimmung aufkam, als Matthes schließlich von André Grundmann auch offiziell verabschiedet wurde.

 

André Grundmann vor dunklem Hintergrund am Rednerpult.
Regionalleiter André Grundmann: "Wer Menschen mag, die loyal, moralisch gefestigt und geradeheraus sind, findet in Matthias Maurer einen Freund fürs Leben."
Matthias Maurer vor hell erleuchteter Leinwand mit der Aufschrift "Bezirksverbandstag Hamburg am 12. März 2022
Der so gelobte hatte kurz zuvor seine letzte Rede zum Geschäftsbericht gehalten. Darin mahnte er erneut ein Hamburger Vergabegesetz an, das Bürgermeister Peter Tschentscher einst auf dem Neujahrsempfang der IG BAU Hamburg versprochen hatte.
Der große Saal des Bürgerhauses Wilhelmsburg mit Delegierten und viel Abstand.
Auf Abstand: Die 32 Delegierten verloren sich im großen Saal des Bürgerhauses Wilhelmsburg.
Matthias Maurer (links) und Rolf Falley
Am Ende des Bezirksverbandstages ließ es sich Maurer nicht nehmen, noch ausscheidende Funktionsträger*innen zu ehren - allen voran Rolf Falley, der Jahrzehnte in der IG BAU aktiv war, zuletzt viele Jahre als Revisor.

Mit Applaus begrüßt wurde indes auch der "Neue" an der Spitze, wobei es "neu" nicht wirklich trifft: auch Achim Bartels gehört schon seit 2009 dem Bezirksvorstand an und bestimmt die Geschicke der IG BAU Hamburg seitdem maßgeblich mit.

Bartels ist gelernter Zimmermann und Stahlbetonbau-Meister. Als Betriebsratsvorsitzender beim Hamburger Bauunternehmen Theo Urbach kümmert er sich um die Belange von rund 100 Beschäftigten. Ehrenamtlich engagiert sich Bartels, der aus Wacken im Kreis Steinburg stammt, im Vorstand der Handwerkskammer Hamburg. Außerdem gehört er der Bundestarifkommission für das Bauhauptgewerbe an und handelt dort als Vertreter der IG BAU Hamburg Tarifverträge für die Branche aus.

„Ob auf der Baustelle, in der Reinigungsfirma oder im Malerbetrieb – gerade am Arbeitsplatz kommt es darauf an, dass die Menschen an einem Strang ziehen. Bessere Löhne und Arbeitsbedingungen fallen nicht vom Himmel“, so Bartels nach seiner Wahl. Der Gewerkschafter appelliert an die Beschäftigten, sich für die eigenen Interessen einzusetzen. Besonders das Handwerk in der Region sei in den nächsten Jahren auf Tausende zusätzliche Mitarbeitende angewiesen. Die Beschäftigten dürften sich deshalb nicht unter Wert verkaufen. „Fachleute sollten auf einer tariflichen Bezahlung bestehen“, wer zu wenig verdiene, solle sich an die IG BAU vor Ort wenden. Mit Blick auf die Schwerpunkte der IG BAU Hamburg kündigte Bartels vor den Delegierten im Bürgerhaus an, die "konsequente Arbeit in Branchen und Betrieben" forzusetzen.

Olaf Harning/IG BAU

Achim Bartels am Rednerpult, Matthias Maurer sieht zu ihm.
Alter und neuer Vorsitzender: Matthias Maurer (links) lauscht der Antrittsrede von Achim Bartels.
Portrait Michael Scherber vor einer gemauerten Wand
Neu in den Bezirksvorstand gewählt wurden Michael Scherber ...
Portrait Alexander Kahl vor einer gemauerten Wand.
Alexander Kahl ...
Portrait Helge Gutt vor einer gemauerten Wand.
Helge Gutt,
Bodo Voigt am Mikro.
und Bodo Voigt.
Gruppenbild des zehnköpfigen Bezirksvorstands auf der Bühne
Der neue Hamburger Bezirksvorstand (v.l.): Bedra Duric, Michael Scherber, Helge Gutt, Kerstin Horwege, Achim Bartels, Matthias Steinhäuser, Olaf Bannas, Alexander Kahl, Bodo Voigt. Nicht auf dem Foto: Uwe Nack (alle Fotos: Harning).