Die Mitglieder des Bundesvorstands nach ihrer Wahl, von links nach rechts: Carsten Burckhardt, Nicole Siems, Robert Feiger, Ulrike Laux, Harald Schaum. Im Hintergrund eine Leinwand mit unterschiedlich großen blauen Punkten auf weißem Hintergrund. Und klei
Der alte und neue Bundesvorstand der IG BAU (v.l.): Carsten Burckhardt, Nicole Siems, Robert Feiger, Ulrike Laux und Harald Schaum (Foto: Harning).
16.12.2022
Archivmeldungen 2022

Vier Tage lang diskutierten Ende September knapp 300 Delegierte auf dem 23. Ordentlichen Gewerkschaftstag der IG BAU in Kassel die Zukunft unserer Organisation. Dabei wurde ein neuer Bundesvorstand gewählt, außerdem beschlossen die Delegierten zahlreiche Satzungsänderungen und trafen politische Grundsatzentscheidungen. Wegen des großen Diskussionsbedarfs auf dem coronabedingt um ein Jahr verschobenen Kongress mussten am Ende etliche Anträge vertagt werden - auf einen für 2024 angedachten, außerordentlichen Gewerkschaftstag.

 

Zunächst aber lehnten die Delegierten nach längerer Debatte die Einführung einer Doppelspitze ab - am Ende mit deutlicher Mehrheit. Anträge dafür waren von der Bundesfrauenkonferenz und den Bezirksverbänden Stuttgart und Südbaden eingebracht worden.

Robert Feiger vor einem übergroßen Schwarz-Weiß-Foto, auf dem er mit Anderen auf einer Demonstration zu sehen ist. Feiger trägt ein weißes Hemd und den obligatorischen Delegiertenausweis am roten Band und steht am Rednerpult.
Wiedergewählt: der IG BAU-Vorsitzende Robert Feiger.
Harald Schaum, im grauen Anzug und weißem Hemd am Mikro.
Wiedergewählt: Harald Schaum, stellvertretender Vorsitzender.
Nicole Siems, in grünem Kleid, am Mikro. Links neben ihr Carsten Burckhardt.
Wiedergewählt: Nicole Siems, stellvertretende Vorsitzende.
Ulrike Laux am Mikro, in schwarzem Jackett und weißem Hemd, um den Hals den Delegiertenausweis am roten Band.
Wiedergewählt: Ulrike Laux, Vorstandsmitglied.
Carsten Burckhardt, in grauem Jackett und weißem Hemd vor einem überdimensionalen Foto von sich auf der Leinwand. Rechts neben ihm Nicole Siems im grünen Kleid.
Wiedergewählt: Carsten Burckhardt. Mit 90 Prozent der Delegiertenstimmen, erhielt er bei den Vorstandswahlen dem meisten Zuspruch.

Im Anschluss an die Personalentscheidungen befasste sich der Kongress dann intensiv mit der Einbindung der LSBTIQ-Community bzw. der IGay BAU in die Organisationsstrukturen. Künftig wird die Möglichkeit, auf Bundes- und Bezirksebene "queere" Personengruppen zu bilden, in der Satzung ausdrücklich genannt. Und auch Studierende können sich jetzt satzungskonform organisieren. Zwar hatten sich die Antragsteller:innen der JungenBAU und verschiedener Bezirksverbände deutlich mehr versprochen - zum Beispiel auch Antragsrecht und Delegiertenmandate. So weit aber wollte ihnen der Gewerkschaftstag nicht folgen und lehnte mit knapper Mehrheit von 140 zu 117 Stimmen ab. Dennoch: Die IG BAU wird nach diesem Gewerkschaftstag deutlich vielfältiger!

Indiz dafür war auch die mit viel Beifall bedachte Rede der JungenBAU am zweiten Kongresstag, in der Cirka, ein Sprecher der Jugend, für eine "kämpferische, aufgeweckte Gewerkschaft" warb - und natürlich für die Förderung und stärkere Einbindung junger Gewerkschafter:innen.

Mehrheitlich zurückgewiesen wurde der (erneute) Versuch der IG BAU-Senior*innen, eigene Delegierte und das Antragsrecht für Bezirksverbandstage und den Gewerkschaftstag in die Satzung aufzunehmen. Auch ohne diese zusätzlichen Delegierten waren die Senior*innen aber zahlreich unter den Delegierten vertreten. 

Mitglieder der Initiative 19. Februar Hanau mit Robert Feiger u.a. vor einem überdimensionalen Foto von Georg Leber auf der Bühne des Gewerkschaftstags.

Emotional wurde es schon zu Beginn des Gewerkschafts- tages, als die Initiative 19. Februar Hanau mit dem "Georg-Leber-Preis" ausge- zeichnet wurde. Sie kämpft für die Aufarbeitung eines rechtsextremistischen Anschlags am 19. Februar 2020 in Hanau, dem neun Menschen zum Opfer fielen.

Vasyl Andreyev im schwarzen Jackett, weißem Hemd und mit umgehängtem Teilnehmerausweis an einem roten Band steht am Rednerpult. Im Hintergrund die ukrainischen Nationalfarben blau und gelb.

Für minutenlange Ovationen sorgte der Auftritt von Vasyl Andreyev, Vorsitzender der Gewerkschaft der Bau- und Baustoffarbeiter der Ukraine (PROFBUD) vor dem Kongress.

André Grundmann, Regionalleiter der IG BAU Nord, hockend vor gut einem Dutzend Delegierten - alle tragen ihre Delegiertenausweise an roten Bändern um den Hals.

Die Delegierten der Region Nord mit Regionalleiter André Grundmann. 24 Mitglieder aus den Bezirksverbänden Schleswig-Holstein-Nord, Holstein, Hamburg, Mecklenburg und Ostmecklenburg-Vorommern vertraten die Region in Kassel.

Matthias Maurer in blau-weiß kariertem Hemd am Mikro des Gewerkschaftstages.

Aktivster Delegierter aus Hamburg war der ehemalige Bezirksvorsitzende Matthias Maurer, der unter anderem den Antrag des Gewerk- schaftsbeirats zu den künftigen Arbeitsschwer- punkten der IG BAU begründete. Für ihn war es der letzte Gewerkschaftstag.

Politisch wurde unter anderem über die Haltung der IG BAU zur Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) und zum Überfall Russlands auf die Ukraine gerungen.

Dabei lehnte die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt das BGE erwartungsgemäß mit deutlicher Mehrheit ab - gut zwei Drittel der Delegierten stimmten gegen eine Unterstützung derartiger Modelle. Mehrere Redner:innen brachten ihre Kritik auf den Punkt, indem sie die Schwächung von Gewerkschaften und Belegschaften als unmittelbare Folge eines Grundeinkommens voraussagten. Bereits 2019 hatte eine Veranstaltung der IG BAU Nord in Lübeck ähnliche Stimmungsbilder ergeben.

Stehende Ovationen erhielt Vasyl Andreyev, Vorsitzender der ukrainischen Baugewerkschaft PROFBUD, vom Kongress. Etwas weniger einhellig war die Zustimmung zu einer Entschließung, die eine sehr weitreichende Solidarisierung mit der Ukraine beinhaltete - etwa zwei Drittel der Delegierten folgten dem Text, der letztlich auch eine militärische Unterstützung einschloss.

Erwartet große Mehrheiten erhielten Leitanträge des Gewerkschaftsbeirats zum Klimaschutz und zur sozialpolitischen Ausrichtung der IG BAU - letzteren begründete Hamburgs langjähriger IG BAU-Vorsitzender Matthias Maurer, der den Antrag mit ausgearbeitet hatte. Wie auch bei anderen Themen fiel eine intensive Diskussion hier den vielen Verzögerungen zum Opfer. 

Mehrere Dutzend Anträge konnten indes gar nicht erst beraten werden - und wurden auf einen Außerordentlichen Gewerkschaftstag vertagt, der nach jetziger Planung 2024 stattfinden soll.

Olaf Harning

Delegierte der Region Nord vor der Bühne des Kongresspalais in Kassel, im Hintergrund Leinwände mit dem BAU-Logo und dem Slogan "Auftrag Zukunft".
Die Delegierten der Region Nord, darunter 7 Kolleg*innen der IG BAU Hamburg (Foto: IG BAU).