Sebastian Lehmann (Foto: IG BAU)
18.12.2014
Archivmeldungen 2014
Nicht nur mit Mitgliederzahlen und Kampagnenthemen beschäftigte sich der Bezirksbeirat der IG BAU Hamburg auf seiner Dezember-Sitzung, auch der Bezirksvorstand musste komplettiert werden. www.igbau-hamburg.de hat mit Neu-Vorstand Sebastian Lehmann über seine Ziele im Gremium, die Krise ehrenamtlicher Strukturen und natürlich über die jungeBAU Hamburg gesprochen.
www.igbau-hamburg.de: Herzlichen Glückwunsch zur Wahl in den Bezirksvorstand! Wie ist es zu Deiner Kandidatur gekommen?

Sebastian Lehmann: Vielen Dank! Ich fand den Gedanken immer völlig absurd, nach meiner Zeit im Jugendvorstand mit der ehrenamtlichen Arbeit aufzuhören. Die Kandidatur für den Bezirksvorstand ist da die logische Folge gewesen, um weiterhin für, mit und in der IG BAU etwas zu bewegen.

www.igbau-hamburg.de: Was sind Deine inhaltlichen Schwerpunkte, was würdest Du gerne im Bezirksvorstand bewegen?

Sebastian Lehmann: Mein Schwerpunkt liegt ganz klar bei der jungen BAU, den Auszubildenden und jungen ArbeitnehmerInnen in der IG BAU. Die jungen Beschäftigten in Deutschland sind sowohl lang- als auch kurzfristig von Armut bedroht. Befristungen, Zeitarbeit, Mindestlohn-Ausnahme ... dass viele junge Leute "Rente" nicht nur als etwas weit Entferntes, sondern auch Unwirkliches empfinden, ist kein Wunder, da sie doch jetzt schon davon ausgehen können im Alter aufstockende Leistungen zu beantragen. Ich werde auch im Bezirksvorstand das Motto der jungen BAU umsetzen und Anpacken, Klarmachen und Reinhauen für Sicherheit, Perspektive und Qualität!
 
Transparent, Aufdruck: "Reinhauen für Qualität - jungeBAU"

"Reinhauen für Qualität" - auch auf dem "Tag der IG BAU Hamburg" waren die jungeBAU und Sebastian Lehmann vertreten (Foto: IG BAU).

Sebastian Lehmann

Einstimmig wurde Sebastian Lehmann am 4. Dezember für den zurückgetretenen Torben Klindworth in den Bezirksvorstand gewählt, ist nach Harry Gosch nun schon das zweite Mitglied, das es aus der jungenBAU direkt in das höchste Gremium der Hamburger IG BAU schaffte. Bis zur jüngsten Bezirksjugendkonferenz im Oktober hat der gelernte Gas-/Wasserinstallateur die Geschicke der gewerkschaftlichen Jugendorganisation über Jahre mitbestimmt und immer wieder inhaltliche Akzente gesetzt. Dem neuen Jugendvorstand gehört Sebastian nun nicht mehr an, engagiert sich aber nach wie vor im Ortsverband Hamburg-Mitte, als stellvertretender Vorsitzender des DGB-Landesjugendausschusses Hamburg und als ehrenamtlicher Sozialrichter.

www.igbau-hamburg.de: Mit Dir ist jetzt schon der zweite Aktivposten aus Reihen der jungenBAU Hamburg im Bezirksvorstand angekommen. Nimmt die IG BAU ihren Nachwuchs also ernst, oder siehst Du noch Mängel bei der Beteiligung jüngerer Mitglieder?

Sebastian Lehmann: "Die IG BAU" sind wir und ich finde, wir nehmen unseren Nachwuchs sehr ernst. Schließlich sind so viele junge Mitglieder wie nie zuvor mit dem Vertrauen und dem Mandat ihres Bezirks zum letzten Gewerkschaftstag gefahren - und ich finde, sie haben sich dort sehr gut geschlagen. Ich wünsche mir, auch in den anderen Bezirken in Zukunft mehr Unterstützung und Vertrauen in die jungen Mitglieder - so wie es in Hamburg schon lange der Fall ist.

www.igbau-hamburg.de: Die IG BAU hat ein massives Problem mit ihren ehrenamtlichen Strukturen und der Beteiligung ihrer Mitglieder. Woran liegt das? Wie könnten das "Mitmachen" wieder in Gang kommen?

Sebastian Lehmann: Seit vielen Jahren sage ich immer wieder: Das größte Problem in der IG BAU ist die Kommunikation, aber keiner hört mir zu. Immer wieder erfahre ich erst aus dritter, vierter oder fünfter Hand von Seminaren, Veranstaltungen, Ereignissen, aber nur selten aus erster Hand - und viel zu oft ist es dann schon zu spät. Die erfolgreichsten Sekretäre und Gremien haben eigene E-Mail-Verteiler eingerichtet und informieren regelmäßig ihre Zielgruppen - das ist gut, wenn es um kleine Kreise geht, wie Betriebs- oder Berufsgruppen oder kleine Personengruppen. Es fehlt aber ein Konzept um die breite Mitgliedschaft zu erreichen. Der Grundstein hätte dazu großes Potenzial, wird aber inhaltlich viel zu festgefahren und steif gestaltet und nicht der aktuellen Informationsmenge angepasst - außerdem erscheint er zu selten. Der Newsletter hingegen ist sehr gut, geht aber in der Informationsflut der heutigen Zeit allzu gerne im Posteingang der Mitglieder unter. Ich habe für dieses Problem keine Lösung parat, aber wir müssen endlich in die Puschen kommen und an daran arbeiten!

www.igbau-hamburg.de: Stichwort junge ArbeitnehmerInnen: Nach wie vor haben es SchulabgängerInnen und Jugendliche nach ihrer Ausbildung schwer, ein auskömmliches, reguläres Arbeitsverhältnis zu finden. Was läuft falsch am Arbeitsmarkt?

Sebastian Lehmann: Als ArbeitnehmerIn hört man ständig man müsse heutzutage flexibel sein, während die Arbeitgeberseite sich so steif und starr wie ein Eiszapfen verhält - und ungefähr genauso sozial. Die Regierungen dieses Jahrtausends haben alles dafür getan, dass Unternehmer so viele Risiken wie möglich auf die Arbeitnehmerseite abwälzen können, wenn sie eine Arbeitskraft beschäftigen. Und obwohl es Unternehmern in Deutschland so gut gehen müsste wie noch nie zuvor, perfektionieren sie den deutschen Volkssport des olympischen Jammerns. Sie beklagen den Fachkräftemangel, bilden aber nicht aus. Sie beklagen die mangelnde Einsatzbereitschaft, stellen aber nur befristet ein oder nehmen Leiharbeiter. Das ist krank und führt früher oder später zu einem Zusammenbruch des Systems. Wir müssen alles daran setzen, diesen Trends ein Ende zu bereiten um das Gleichgewicht zwischen Arbeitskraft und Unternehmen wieder herzustellen.

www.igbau-hamburg.de: So kurz wie möglich: Was bedeutet das Schlagwort "faire Arbeit" für Dich?

Sebastian Lehmann: Ein Leben. Sowohl finanziell als auch zeitlich.


Das Interview führte Olaf Harning.