Foto: IG BAU.
12.08.2019
Archivmeldungen 2019
Weniger Urlaubstage, gestrichene Zuschläge, Arbeit auf Abruf: Einem Großteil der rund 30.000 Hamburger Reinigungskräfte drohen ab sofort massive Einbußen. Das berichtet die Gebäudereiniger-Gewerkschaft IG BAU und ruft die Beschäftigten dazu auf, die Einschnitte nicht hinzunehmen. "Aktuell legen viele Chefs ihren Mitarbeitern neue Arbeitsverträge zu deutlich schlechteren Konditionen vor. Die sollte keiner unterschreiben", warnt Matthias Maurer von der IG BAU Hamburg.
Sollten die Arbeitgeber bei dieser Praxis bleiben und die anstehenden Tarifverhandlungen blockieren, dürfte die Reinigungsbranche einen „heißen Sommer“ erleben. „Auch in Hamburg könnten dann Schulen, Büros und Krankenhäuser schmutzig bleiben“, so Maurer. Die Friedenspflicht zwischen IG BAU und Arbeitgebern lief Ende Juli aus.
 

Matthias Maurer (Foto: IG BAU).

Zum Hintergrund: Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks hat den Rahmentarifvertrag für die Branche zum 31. Juli gekündigt. Bevor Gewerkschaft und Arbeitgeber am 15. August über einen neuen Vertrag verhandeln, sollen nach Beobachtung der IG BAU in der Zwischenzeit die Standards gedrückt - und Tatsachen geschaffen werden.
„Statt bisher 28 oder 30 Tagen Urlaub sollen Beschäftigte jetzt das gesetzliche Minimum von 20 Tagen hinnehmen. Zuschläge für Überstunden oder besondere Aufgaben wie etwa die OP-Reinigung werden in den neuen Arbeitsverträgen eingekürzt oder ganz gestrichen“, berichtet Maurer. Besonders brisant: Geht es nach dem Willen einiger Firmen, dann sollen Beschäftigte, die bislang feste Arbeitszeiten hatten, künftig auf Abruf arbeiten.

„Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die ohnehin jeden Euro zweimal umdrehen müssen“, kritisiert die IG BAU. Gerade Frauen seien von den Kürzungen betroffen. Eine Reinigungskraft, die Vollzeit rund 1.300 Euro netto verdiene, habe schon jetzt große Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden. „Hinzu kommt: Ein Großteil der Beschäftigten hat nur einen Teilzeit- oder Minijob. Da wird es am Monatsende richtig eng.“

Die IG BAU Hamburg ruft jetzt die Reinigungsfirmen in der Region auf, sich in ihrem Arbeitgeberverband für die Rückkehr zu den tariflichen Standards einzusetzen. Davon profitiere am Ende die Branche selbst: Denn bleibe es bei der aktuellen Praxis, dann dürften sich nach Einschätzung der IG BAU viele Beschäftigte nun für einen Arbeitgeber entscheiden, der sich an die bisherigen, attraktiveren Bedingungen halte. Das wiederum werde auch den Wettbewerb zwischen „sauber arbeitenden“ Firmen und „Schmutzkonkurrenten“ verschärfen.

„Aber auch die öffentliche Hand ist gefordert: Städte und Kommunen können die Regeln festlegen, nach denen Schulen, Rathäuser und Ämter gereinigt werden. Klar ist: Zu sauberen Gebäuden gehören auch saubere Arbeitsbedingungen“, so Maurer. Sollte die schon seit April vergangenen Jahres andauernde Tarifrunde am 15. August erneut keinen Durchbruch bringen, müssen Firmen und Kunden mit Arbeitsniederlegungen auch in der Hansestadt rechnen.