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Tierpark Hagenbeck: Beschäftigte klagen über „Klima der Angst“

Aufnahme vom Eismeer im Tierpark Hagenbeck: Wasser und Felsen
Das 2012 eröffnete "Eismeer" im Tierpark Hagenbeck (Foto: "Jahreskarteninhaber", wikipedia).
06.01.2021
Archivmeldungen 2021

Neuer Streit um Hamburgs Zoo: Im Tierpark Hagenbeck, Publikumsliebling in der Hansestadt und Hunderttausenden Fernsehzuschauern aus der NDR-Serie „Leopard, Seebär & Co.“ bekannt, spitzt sich der Konflikt zwischen Belegschaft und Geschäftsführung zu. Nach Informationen der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) versucht Tierpark-Geschäftsführer Dirk Albrecht, unliebsame Kritiker aus der Belegschaft „mundtot“ zu machen.

Dirk Johne (Foto: IG BAU).

Neun Mitarbeitern sei kurz vor Weihnachten gekündigt worden, nun soll auch der Betriebsratschef den Hut nehmen. „Unter den Beschäftigten herrscht ein Klima der Angst“, sagt Dirk Johne, stellvertretender Regionalleiter der IG BAU Nord. Nach jahrelangen Streitigkeiten der Familie Hagenbeck um die Leitung des Tierparks bringe eine „Führung nach Gutsherrenart“ das Hamburger Wahrzeichen erneut in Verruf.
Der aktuelle Konflikt geht nach Gewerkschaftsangaben auf Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung zum Thema Kurzarbeit zurück. Im Zusammenhang mit der abermaligen Schließung wegen der Corona-Pandemie sollte eine Lösung für die 160 Beschäftigten des Tierparks gefunden werden. Doch zwei Tage vor der entscheidenden Verhandlung am 21. Dezember habe Dirk Albrecht neun Mitarbeitern gekündigt – „offenbar um den Betriebsrat einzuschüchtern“, so Johne.
Gewerkschaftsvertreter sollten des Geländes verwiesen werden, doch die Betriebsräte beharrten auf ihrem Bleiben. Daraufhin habe Albrecht die Verhandlungen abgebrochen, die Verantwortung für das Scheitern jedoch nachträglich der Arbeitnehmerseite zugeschoben. „In einer Demokratie ist es selbstverständlich und gesetzlich klar geregelt, dass sich Betriebsrat und Gewerkschaft austauschen – auch wenn das Herrn Albrecht ein Dorn im Auge ist“, so Johne. Darüber hinaus seien den Betriebsratsmitgliedern Informationen zur wirtschaftlichen Lage des Zoos vorenthalten worden, die aber die Grundlage für Verhandlungen zur Kurzarbeit seien.

In einem Brief an die Gesellschafter des Tierparks, Claus Hagenbeck und Joachim F. Weinling-Hagenbeck, fordert die Gewerkschaft, „dafür Sorge zu tragen, dass Herr Albrecht die Geschäfte des Tierparks so führt, wie es unserer rechtstaatlichen Grundordnung gebührt“. Das Schreiben liegt auch der Hamburger Bürgerschaft vor. Dirk Johne: „Da sich die Geschäftsführung des Tierparks konstruktiven Gesprächen weiter verweigert, ist nun auch die Politik gefordert. Sie muss dabei helfen, den Betriebsfrieden in einer der bekanntesten Institutionen Hamburgs wiederherzustellen.“

Hintergrund: Der 1907 eröffnete Tierpark Hagenbeck im Stadtteil Stellingen ist dereinzige privat geführte Zoo Deutschlands. Auf einer Fläche von 19 Hektar sind 1.850 Tiere aus allen Kontinenten zu sehen. Im Jahr 2019 zählte der Tierpark 1,6 Millionen Besucherinnen und Besucher. Seit Jahren wird die Einrichtung immer wieder von Streitigkeiten zwischen den Familien der Erben Hagenbeck und Weinling-Hagenbeck überschattet. Mehrere Anlagen im Zoo, darunter das Giraffen-und Elefantengehege, gelten als stark sanierungsbedürftig und könnten wegen Verstößen gegen EU-Auflagen geschlossen werden.

Im April 2020 einigten sich beide Familien auf Dirk Albrecht als neuen Geschäftsführer. Seitdem berichten Beschäftigte immer wieder von schlechter Stimmung und Einschüchterungsversuchen. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts wurde der Betriebsrat unter anderem wegen Sexismus-Vorwürfen weiblicher Angestellter gegen Albrecht eingeschaltet.

IG BAU Hamburg