Hamburgs IG BAU-Vorsitzender Matthias Maurer (Foto: IG BAU)
11.04.2013
Archivmeldungen 2013
Die Tariflöhne im Bauhauptgewerbe werden binnen der nächsten 9 Jahre auf ein bundesweit einheitliches Niveau angehoben. Darauf haben sich die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und die Arbeitgeberverbände am Bau nach intensiven Verhandlungen geeinigt. Der Mindestlohn I wird schon zum Januar 2017 einheitlich gestaltet.
Zunächst aber steigen die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen am Bau in den westlichen Bundesländern einschließlich Berlin zum 1. Mai 2013 um 3,2% und um 4% im Osten. Der Ecklohn (West) steigt damit von 17,07 € um 55 Cent auf 17,62 € und der Ecklohn (Ost) von 15,45 € um 62 Cent auf 16,07 €. Die Laufdauer der Entgelttarifverträge ist vom 1. April 2013 bis 30. April 2013 festgelegt, was die Tariferhöhung leicht abmildert. Ein Hamburger Bauarbeiter im Tariflohn dürfte damit ab Mai etwa 95 Euro brutto mehr auf der Abrechnung haben. Für Matthias Maurer ein "ordentliches Ergebnis", das auf den Baustellen auch "nicht schlecht ankommt".

Der Vorsitzende der IG BAU Hamburg ist nicht nur mit der Lohnerhöhung selbst, sondern auch mit der vereinbarten Übernahmeregelung für Azubis und der nochmals deutlichen Erhöhung des Mindestlohns 2 zufrieden. Künftig müssen Arbeitgeber spätestens drei Monate vor Ende eines Ausbildungsverhältnisses ausdrücklich erklären, dass ein Azubi nicht übernommen wird. Unterlässt er das, entsteht nach Ende der Lehre automatisch ein Arbeitsverhältnis, das mindestens sechs Monate Bestand hat. Am Erhalt des Mindestlohns 2 West wären die Tarifverhandlungen hingegen fast gescheitert. Am Ende konnte die IG BAU eine arbeitgeberseitig beabsichtigte Streichung aber verhindern und sogar eine deutliche Erhöhung durchsetzen. Der Mindestlohn 2 beträgt demnach:
ab dem 1.1.201413,95 €
ab dem 1.1.201514,20 €
ab dem 1.1.201614,45 €
und ab dem 1.1.201714,70 €
Auch der in Ostdeutschland (leider) sehr gebräuchliche Mindestlohn I steigt kontinuirlich an und wird schon zum 1. Januar 2017 bundesweit vereinheitlicht. Allerdings konnten hier nur überaus geringe Steigerungen durchgesetzt werden (siehe Tabelle), die Schere zwischen ost- und westdeutschen Reallöhnen geht daher eher weiter auseinander, als dass sie sich schließt. Die beschlossene Entwicklung des Mindestlohns I:
Mindestlohn IWestOst
bis 31.12.201311,05 €10,25 €
ab 1.1.201411,10 € oder +0,45%10,50 € oder +2,44%
ab 1.1.201511,15 € oder +0,45%10,75 € oder +2,38%
ab 1.1.201611,25 € oder +0,90%11,05 € oder +2,79%
ab 1.1.201711,30 € oder +0,44%11,30 € oder +2,26%
Die Spanne zwischen dem hier meist gezahlten Tariflohn West (17,62 €) und dem in Ostdeutschland regelmäßig verwendeten Mindestlohn I (11,05 €) ist also durch die Tarifeinigung noch einmal deutlich gewachsen, der Dumpinglohndruck auf die Löhne am Bau dürfte mittelfristig weiter zunehmen. Ein Problem, dass auch Maurer Sorgen bereitet. Er geht aber davon aus, dass es die Bauleute im Osten selbst in der Hand haben, ob sich daran etwas ändert. "Auch deutliche Steigerungen beim Mindestlohn I sind erstreikbar", so Hamburgs IG BAU-Vorsitzender, "irgendwann werden die betroffenen Kollegen einen angemessenen Wert für ihre Arbeit erkämpfen." Kein Verständnis hat er für die Ost-Arbeitgeber: Die nämlich müssten eigentlich ein "ureigenes Interesse an hohen Mindestlöhnen haben" - um gemeinsam die "Schmutzkonkurrenz" herauszuhalten. Dafür, dass die Arbeitgeber den Mindestlohn mit aller Kraft bekämpfen, hat Maurer nur zwei Erklärungsansätze: "Entweder sie umgehen mit Subunternehmen selber den Mindestlohn, oder sie sind schlicht doof."

Der stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers sieht den Abschluss trotz der unterschiedlichen Entwicklung in Ost und West als Erfolg: "Diese Tarifrunde war von einem besonders harten Ringen gekennzeichnet. Die Anstrengung hat sich aber gelohnt. Das nun erzielte Gesamtpaket stellt einen für alle Beteiligten tragbaren Kompromiss dar", kommentiert er allerdings betont defensiv. Neben dem Mindestlohn 2 habe vor allem die Ost-West-Angleichung während der Verhandlungen für heftige Kontroversen gesorgt. Die IG BAU war mit einer Forderung nach 6,6% mehr Lohn und Gehalt in die Verhandlungen gegangen, die Region Nord hatte sogar 8 Prozent mehr gefordert.

Olaf Harning