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Worker´s Memorial Day - bewegender Gottesdienst im Michel
Der Toten gedenken - für die Lebenden kämpfen!
Neben diesem beunruhigenden Ausblick auf die Herausforderungen des Klimawandels für die Arbeitswelt, richteten sich die Gedanken der Anwesenden an diesem Tag auch immer wieder in Richtung "Überseequartier" - einer Großbaustelle für eine Luxus-Shopping-Mall in der Hafencity, bei der es zwar bautechnisch an nichts fehlt, die Sicherheit der dort eingesetzten Bauleute aber keine große Rolle zu spielen scheint. So kamen dort bei einem verheerenden Unfall Ende Oktober 2023 fünf albanische Arbeiter beim Einsturz eines nicht- oder nicht ausreichend verankerten Gerüstes ums Leben. Laut "Mopo" hatten die Männer "offenbar gefälschte Pässe, keine Krankenversicherung und wurden (...) miserabel bezahlt".
Sowohl "Michel"-Hauptpastor Alexander Röder, als auch sein katholischer Amtsbruder Thorsten Weber betonten in ihren Predigten die außerordentliche Verantwortung, die Arbeitgeber, letztlich aber die gesamte Gesellschaft für die Sicherheit der Arbeiter haben - und welch große Bedeutung die Solidarität mit ihnen und ihren Angehörigen hat, wenn es erst zu einem Unglück gekommen ist.
Solidarität, die auch die Angehörigen jener fünf albanischen Kollegen erfuhren, die auf der Baustelle Überseequartier ihr Leben verloren: so kamen nach einem Spendenaufruf der IG BAU bis Weihnachten 2023 gut 25.000 Euro zusammen, die den Familien der Opfer übergeben werden konnten. Mehrere Medien arbeiteten den Fall auf und brachten Näheres über die Arbeitsbedingungen der Männer ans Tagelicht. Unabhängig davon wurden im Michel auf Bitte einer eigentlich unbeteiligten Hamburgerin hin Ende letzten Jahres die Namen der Verunglückten verlesen, um ihrer zu gedenken.
Neben Röder und Weber sprach auch IG BAU-Bundesvorstandsmitglied Carsten Burckhardt im Michel und forderte unter anderem einen deutlich verbesserten Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten. Zudem trugen mehrere Gewerkschafter:innen Fürbitten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor - unter ihnen Uwe Nack, Mitglied im Hamburger Bezirksvorstand der IG BAU. Insbesondere diese Beiträge machten den Schulterschluss spürbar, den die großen Kirchen und die Gewerkschaften beim Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz wagen.
Dass sich der kirchliche Blick auf (Arbeits-)unfälle im Laufe der Jahrzehnte deutlich geändert hat, machte Röder mit einem Zitat aus dem Jahre 1913 deutlich, als die Gemeinde St. Michaelis einen verunglückten Hafenarbeiter zu Grabe trug und den Todesfall im wesentlichen als Grund zur Freude pries - schließlich war das Unfallopfer nun bei Gott. Aus heutiger Sicht, so Röder, schüttele es ihn ob dieser Sichtweise. Zwar sei der Glauben im Todesfall für viele Angehörige eine große Stütze - doch sollten die Kirchen vor allem das Leben feiern - und dessen Schutz.
Nach Ende des Gottesdienstes versammelten sich die Gewerkschafter:innen auf Einladung der IG BAU und der St. Michaelis-Gemeinde im Gemeindehaus des Michel, hörten gemeinsam ein eingespieltes Video-Grußwort von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und ließen den Tag bei Häppchen und intensiven Gesprächen ausklingen.
Olaf Harning