Foto: IG BAU.
23.12.2019
Rechtsprechung
Die Frage, wann eine Kündigung zugegangen ist, bewegt die Arbeitsgerichte immer wieder - und auch diese Rubrik auf www.igbau-hamburg.de (s.u.). Bereits mehrfach ging es hier um die Frage, ob und wann ein Kündigungsschreiben zugegangen ist.
Das LAG Schleswig-Holstein hat sich in seinem Beschluss vom 01.04.2019 (1 TA 29/19) abermals mit der Frage des Kündigungszugangs beschäftigt - und zwar mit einem "Klassiker" der Zugangsfragen: Der Arbeitnehmer war Leiharbeitnehmer für eine Zeitarbeitsfirma Im Tarifvertrag ist geregelt, dass innerhalb der Probezeit die Kündigungsfrist eine Woche beträgt. Der Arbeitnehmer hatte in der Probezeit einen Unfall und landete im Krankenhaus.

Seine Schwester telefonierte ein paar Wochen später mit dem Niederlassungsleiter, erfuhr hier von der Kündigungsabsicht des Arbeitgebers und bat um Zusendung der Kündigung an die Adresse des Elternhauses, wo sich der Kläger während seiner Genesung aufhielt. Gleichwohl schickte die Arbeitgeberin die Kündigung dann am 21.07.2018 an den eigentlichen Wohnsitz des Arbeitnehmers. Die Kündigung wurde zum 31.07.2018 ausgesprochen.
 

Dieser Text wurde uns freundlicherweise von Rechtsanwalt Christopher Kaempf von der Kanzlei Müller-Knapp, Hjort, Wulff zur Verfügung gestellt.

Am 07.08.2018 fand die Schwester des Arbeitnehmers die Kündigung dann im Hausbriefkasten ihres Bruders vo rund reichte sie an diesen weiter. Der Arbeitnehmer vertrat die Auffassung, dass die Kündigung ihm erst am 07.08.2018 zugegangen sei, mithin das Arbeitsverhältnis erst Mitte August 2018 endete und ihm noch Zahlungsansprüche bis dahin zustünden.
Dies hat das LAG Schleswig-Holsttein verneint. Es führt aus, dass für die Frage des Zugangs entscheidend sei, ob für den Empfänger unter "gewöhnlichen Umständen" die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand. Wenn dies der Fall sei, sei es unerheblich, ob man daran durch vorübergehende Abwesenheit bei Krankheit oder Urlaub tatsächlich verhindert gewesen sei. Dass der Arbeitgeber von der Abwesenheit des Arbeitnehmers weiß, ändere nichts am Zugang der Erklärung.

Der Arbeitgeber verstoße nicht gegen Treu und Glauben, wenn er trotz Kenntnis von einem anderen Aufenthaltsort des Arbeitnehmers an dessen Wohnanschrift zustelle. Des Weiteren habe zwar die Schwester des Arbeitnehmers um eine Zusendung an eine andere Anschrift gebeten, eine Vereinbarung über einen anderen Zustellort sei aber nicht getroffen worden.

Damit gilt weiterhin: auch wenn der Arbeitgeber weiß, dass der Arbeitnehmer länger nicht an seiner Wohnanschrift ist, kann er dorthin zustellen. Der Zugang ist mit Einwurf in den Briefkasten grundsätzlich bewirkt, so dass die Fristen zu laufen beginnen.

Rechtsanwalt Christopher Kaempf
Telefon: 040 - 650 66 690