Hagenbeck-Beschäftigte mit einem Trasparent auf der Hamburger Mai-Demonstration.
Kämpen für einen Tarifvertrag: Beschäftigte des Tierparks Hagenbeck traten am 1. Mai in den Warnstreik und beteiligten sich an der Hamburger Mai-Demonstration (Foto: Harning).
02.05.2023
Archivmeldungen 2023

Tausende Menschen haben sich am Tag der Arbeit in Hamburg versammelt, um gemeinsam für eine gerechtere und friedliche Zukunft zu demonstrieren. Alleine an der zentralen Kundgebung beim Museum der Arbeit nahmen mehr als 8.000 Menschen teil - darunter knapp 40 Beschäftigte des Tierparks Hagenbeck, die am Morgen des 1. Mai in den Warnstreik getreten waren.

Die Kolleg:innen hatten sich zunächst vor den Toren des Tierparks versammelt und fuhren anschließend gemeinsam zur Mai-Demonstration nach Dulsberg.

Gleichzeitig kamen in Bergedorf 600 und in Harburg rund 300 Teilnehmer*innen zu Mai-Kundgebungen zusammen. Die Veranstaltungen wurden vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Hamburg organisiert und standen in diesem Jahr unter dem Motto "Ungebrochen solidarisch“.

Die zentrale Veranstaltung begann mit einem Auftakt um 10:30 Uhr an der U-Bahn-Station Straßburger Straße. Um 11 Uhr setzte sich die Demo in Bewegung und zog mit Tausenden durch die Straßen von Hamburg-Barmbek. Begleitet von Musik und Sprechchören, wurde die Forderung nach einer gerechteren und solidarischen Gesellschaft lautstark und kraftvoll zum Ausdruck gebracht.

Um 12:30 Uhr erreichte die Demonstration schließlich ihren Höhepunkt mit einer Kundgebung am Museum der Arbeit, wo Tanja Chawla (Vorsitzende DGB Hamburg), Jürgen Kerner (IG Metall-Bundesvorstand), Yavuz Daşkin, (DGB-Jugend Hamburg) und Dennis Grabowski (Betriebsrat Hagenbecks Tierpark) von der Bühne aus die Bedeutung von Solidarität und Zusammenhalt in Zeiten von Krisen und Herausforderungen betonten.

Tanja Chawla, Hamburgs DGB-Vorsitzende: "Gewerkschaften haben in der Krise für Entlastungen gekämpft und viel erreicht. Doch staatliche Hilfen sind nur ein Notnagel, kräftige Lohn- und Gehaltszuwächse sind das beste Mittel gegen steigende Lebenshaltungskosten und das geht am besten mit Tarifverträgen. Für eine Stabilisierung der Reallöhne brauchen wir dringend eine höhere Tarifbindung. Das ist nicht nur ein Punkt auf einem Wunschzettel, sondern bereits eine Richtlinie der EU, die eine Tarifbindung von 80 Prozent als Zielmarke formuliert. Hiervon sind wir weit entfernt – auch in Hamburg.“ Stattdessen sei an allen Ecken Tarifflucht zu beobachten, so Chawla. Sie forderte den Hamburger Senat auf, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die Tarifbindung zur Voraussetzung zu machen. „Wir Gewerkschaften erwarten: Öffentliches Geld gibt es nur für tarifgebundene Unternehmen!“

Erst vor wenigen Tagen hatten der DGB, die IG BAU und die NGG Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und Finanzsenator Andreas Dresssel (beide SPD) für den soeben vorgelegten Entwurf eines Tariftreuegesetzes kritisiert, das nicht einmal in Ansätzen hält, was Tschentscher den Gewerkschaften zuvor versprochen hatte.

Hamburgs DGB-Vorsitzende Tanja Chawla an der Spitze der Mai-Demo.
Tanja Chawla an der Spitze der Hamburger Mai-Demonstration.

Jürgen Kerner, IG Metall-Bundesvorstand, sagte: „Wir lassen uns von den Arbeitgebern kein Märchen der Lohn-Preis-Spirale erzählen! Das Gegenteil ist richtig. Wirtschaftliche Stabilität, wirtschaftliches Wachstum erreichen wir nur mit stabiler Kaufkraft. Und dafür brauchen die Menschen Geld in der Tasche! Gute Löhne und stabile Wirtschaft – dafür streiten und streiken wir.“

Aktive der IG BAU mit einem Transparent zum Thema Tariftreuegesetz
Die IG BAU Hamburg war mit gleich zwei konfliktreichen Themen auf der Mai-Demo präsent: neben dem Warnstreik bei Hagenbeck forderten die Kolleg:innen erneut ein wirkungsvolles Tariftreuegesetz.
Tanja Chawla und Dennis Grabowski mit kämpferischer Pose.
Volle Unterstützung: Nach der Rede von Dennis Grabowski zum Warnstreik bei Hagenbeck zeigte sich DGB-Chefin Tanja Chawla demonstrativ an seiner Seite.
Achim Bartels
Der Hamburger IG BAU-Vorsitzende Achim Bartels lief mit den Vertreter:innen der anderen Einzelgewerkschaften an der Spitze der Demonstration.
Auch ein Stoff-Elefant demonstrierte am 1. Mai für den Hagenbeck-Tarifvertrag.
Und an der Mai-Demonstration 2024 nehmen dann hoffentlich Tierpfleger:innen teil, die nach Tarif bezahlt werden (alle Fotos: Harning).

Schwerpunkt der Gewerkschaftsjugend war die Forderung nach einer gesetzlichen Ausbildungsgarantie. Yavuz Daşkin, Redner der DGB-Jugend Hamburg, fand dafür deutliche Worte: „Transformation, Digitalisierung, Dekarbonisierung - die Arbeitswelt steckt mitten in einem enormen Wandel. Eine Arbeitswelt 4.0 braucht eine Ausbildung 4.0. Denn nur eine gute Ausbildung ist die Antwort auf die Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt. Und das bedeutet viel mehr als WLAN in der Berufsschule. Es geht uns um Bildungsgerechtigkeit! Wir kämpfen für einen Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz und eine gute Ausbildungsqualität auf der Höhe der Zeit für alle jungen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft und ihren sozialen und familiären Voraussetzungen.“

Dennis Grabowski, Beschäftigter des Tierpark Hagenbeck, auf der Bühne der Mai-Kundgebung.
Dennis Grabowski: Tierpark-Beschäftigte "keine Menschen zweiter Klasse"!

Die Beschäftigten des Tierparks Hagenbeck nutzten die Bühne für Kritik an der Geschäftsleitung der Hamburger Institution. Betriebsrat Dennis Grabowski: „Die Beschäftigten des Tierparks sind keine Menschen zweiter Klasse. Unsere Entschlossenheit und unser Durchhaltevermögen sind unsere schärfsten Schwerter. Dieser Kampf gilt nicht nur unseren Arbeitsbedingungen, sondern auch dem Wohlergehen unserer Tiere. Wir hören erst auf, wenn wir den Tarifvertrag in unseren Händen halten. Bei unserem Warnstreik und den Aktionen haben wir gezeigt, dass wir uns nicht verstecken müssen. Im Gegenteil, wir müssen Gesicht zeigen. Und dafür sorgen, dass niemand alleine kämpfen muss!“

"Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf der Kundgebungen zum 1. Mai und sagen Danke an unsere Kolleg:innen, dass sie ungebrochen solidarisch mit uns auf der Straße waren", sagte Tanja Chawla, Vorsitzende DGB Hamburg. "Die große Zahl der Teilnehmenden hat unterstrichen, dass die Gewerkschaften eine gesellschaftliche Kraft sind, an der es auch zukünftig kein Vorbeikommen geben wird."

DGB Hamburg/Olaf Harning