08.05.2016
Archivmeldungen 2016
Fast 7.000 Menschen sind am 1. Mai in Hamburg auf die Straße gegangen, um für mehr Zeit und Solidarität zu demonstrieren. Katja Karger, Vorsitzende des Gewerkschafts-Bundes in der Hansestadt, rief den TeilnehmerInnen vor dem Museum der Arbeit zu: "In Zeiten, wo ein Politiker in der Hamburger Bürgerschaft vom Rednerpult gegen Muslime hetzt, ein Finanzminister die Rente ab 70 vorschlägt und der Reichtum immer ungleicher verteilt ist, zeigen wir deutlich, was wir davon halten: Nämlich nichts."
Zuvor waren bei bestem Wetter fast 6.000 vom S-Bahnhof Hasselbrook nach Barmbek gezogen, während sich in Bergedorf gut 600 und in Harburg rund 400 Menschen an den Mai-Demonstrationen beteiligten. Das Motto lautete dabei: „Zeit für mehr Solidarität. Viel erreicht und noch viel vor.“ Den Demonstrationen schlossen sich auch zahlreiche Vertreter/innen aus Gesellschaft, Kultur und Politik an, unter anderem Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz, sowie die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank. Für eine besondere Atmosphäre sorgte der Auftritt der Microphone Mafia mit Esther Bejarano, für den es viel, viel Applaus gab.
 
Hamburgs DGB-Vorsitzende Katja Karger und die Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften (Foto: IG BAU)

Hamburgs DGB-Vorsitzende Katja Karger und die Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften bildeten traditionell die Spitze der Mai-Demonstration (Foto: IG BAU).

Matthias Maurer, Vorsitzender der IG BAU Hamburg, an der Demo-Spitze (Foto: IG BAU).

Unter ihnen auch IG BAU-Bezirkschef Matthias Maurer - als ehrenamtlicher Vorsitzender eine echte Rarität (Foto: IG BAU).

Am Rande protestierten Mitglieder der GEW gegen die laufenden Rentenkürzungen (Foto: IG BAU).

Flankiert wurde der Demonstrationszug durch zahlreiche Aktionen, wie hier ein Statement der GEW gegen die drohende Altersarmut durch Rentenkürzungen (Foto: IG BAU).

 
In ihrer Rede vor dem Museum der Arbeit sagte Hamburgs DGB Vorsitzende Katja Karger: „In Zeiten, wo ein Politiker in der Hamburger Bürgerschaft vom Rednerpult gegen Muslime hetzt, ein Finanzminister die Rente ab 70 vorschlägt und der Reichtum immer ungleicher verteilt ist, zeigen wir deutlich, was wir davon halten: Nämlich nichts.“ Ein klares Signal sandte sie nach rechts: „Überall im Land nutzen heute Rechtsextreme und ihre Anhänger den 1. Mai für ihre Propaganda. Deswegen nochmal in aller Deutlichkeit: Wir sagen Nein zu den alten Nazis und Nein zu den neuen Rechtspopulisten.“ Die Menschen in Hamburg forderte sie auf, sich weiter in der Flüchtlingshilfe zu engagieren und sprach sich erneut gegen die Volksinitiative ‚Hamburg für gute Integration‘ aus: „Wir dürfen uns nicht in Auseinandersetzungen verheddern, die Hamburg nur weiter spalten.

Annelie Buntenbach vom DGB-Bundesvorstand forderte die Koalition im Bund auf, das Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen endlich zum Abschluss zu bringen: „Die Geschäftemacherei auf den Knochen der Beschäftigten muss eine Ende haben. Werkverträge und Leiharbeit dürfen nicht länger konstruiert werden, um Tarifverträge und Arbeitsschutzbestimmungen zu umgehen, Löhne zu drücken und Belegschaften gegeneinander auszuspielen.“ Auch in der Rentenpolitik forderte Buntenbach einen Kurswechsel. Die gesetzliche Rente gehöre wieder gestärkt, so Buntenbach. „Das ist machbar, das ist bezahlbar, aber dann darf man nicht noch länger warten, bis die Rentenkasse in ein paar Jahren leergeräumt ist. Die Politik muss jetzt handeln! Das gesetzliche Rentenniveau muss stabilisiert und dann wieder angehoben werden.“ Der rechtspopulistischen AfD hielt Buntenbach entgegen, sie versuche sich nun als Partei der kleinen Leute. „Wer die Arbeitslosenversicherung privatisieren und die Unfallversicherung abschaffen will, handelt ganz klar gegen die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
 
ver.di-Transparent gegen gewerkschaftsfeindliche Aktivitäten im Arbeitgeber-Lager (Foto: IG BAU).

Per Transparent machten ver.di-Aktivisten auf Fälle sogenannten "Union Bustings" aufmerksam - Versuche, Gewerkschaften und Betriebsräte aus Unternehmen zu drängen (Foto: IG BAU).

"Verurteilt zu Armut trotz Arbeit" (Foto: IG BAU).

Andere protestierten gegen Dumpinglöhne und prekäre Arbeitsbedingungen (IG BAU).

Protest gegen die SPD (Foto: IG BAU).

Aber auch "intern" gab´s Protest: Einige TeilnehmerInnen kritisierten die Anwesenheit von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auf ihre Weise ... (Foto: IG BAU).

 
Olaf Scholz auf dem Mai-Demonstration (Foto: IG BAU).

Der Gescholtene lief unmittelbar hinter den Gewerkschaftsvor- sitzenden in der Demo mit, hielt sich ansonsten aber zurück (Foto: IG BAU).

Demo-Block der IG BAU (Foto: IG BAU).

Auch zahlreiche Mitglieder der IG BAU beteiligten sich an der diesjährigen Mai-Demonstration ... (Foto: IG BAU).

... und reihte sich hinter das Transparent der jungenBAU Hamburg, das sich gegen das "Programm" der rechtspopulistischen AfD richtete (Foto: IG BAU).

... und reihten sich hinter ein Transparent der jungenBAU Hamburg ein, das sich offensiv mit dem "Programm" der rechtspopulistischen AfD auseinandersetzte (Foto: IG BAU).

 
Für die Gewerkschaftsjugend sprach Simon Küppers und nahm zur Situation von Auszubildenden in Hamburg Stellung: „Es besteht Handlungsbedarf. Besonders in dieser Stadt mit seinen hohen Mieten und Lebenshaltungskosten reicht die Ausbildungsvergütung oft nicht um ein selbstständiges Leben zu führen. Zudem sind die Bedingungen, unter denen junge Menschen einen Beruf erlernen, sehr unterschiedlich. Teils aber regelrecht desaströs. Eine Novellierung des Berufsbildungsgesetzes ist offensichtlich überfällig. Nun steht sie endlich an. Damit ist es jetzt an uns für unsere Forderungen einzutreten.“ Bei der Kundgebung verlas Katja Karger im Namen aller DGB-Gewerkschaften eine Erklärung für Weltoffenheit und Solidarität. Der 29-jährige Syrer Ghaith Shiha trug die Erklärung parallel in arabischer Sprache vor.

Die Erklärung im Wortlaut:

Hamburg ist eine weltoffene Stadt, in der Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion friedlich zusammenleben. Das hat uns kulturell vielfältig gemacht und auch wirtschaftlich gestärkt. Das beeindruckende Engagement tausender Bürgerinnen und Bürger sowie Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter von Behörden, Polizei, Hilfs- und Wohlfahrtsorganisationen ist Ausdruck dieses gesellschaftlichen Zusammenhalts. Es zeugt davon, dass Solidarität und Mitmenschlichkeit zu den prägenden Werten Hamburgs gehören.

Geflüchtete aufzunehmen und zu integrieren erfordert große gesellschaftliche, ökonomi-sche und soziale Anstrengungen. Gerade in Zeiten großer Herausforderungen dürfen wir die sozialen und menschlichen Errungenschaften nicht aufgeben. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dieser im Grundgesetz verankerte Schutz gilt für Alle. Egal ob sie seit Generationen hier leben, eingewandert sind oder als Flüchtlinge kamen.

Damit Teilhabe und Chancengleichheit gelingt, benötigen wir Investitionen in

- Bildung
- Beschäftigung
- bezahlbaren Wohnraum
- sowie eine funktionierende öffentliche Infrastruktur.

Menschenwürdige Arbeitsbedingungen und existenzsichernde Löhne sind Grundlage ei-nes selbstbestimmten Lebens. Wir Gewerkschaften werden deshalb weiterhin für Gute Arbeit für Alle kämpfen.

Mit großer Sorge beobachten wir rechte Gruppen, die das Thema Flucht und Migration für sich nutzen. Sie schüren Feindseligkeit und stellen unsere Demokratie in Frage. Die Gewerkschaften bekämpfen jede Form von Hass und Rassismus mit aller Entschiedenheit. Wir wollen nicht die Geflüchteten, sondern die Fluchtursachen bekämpfen. Wir treten dafür ein, dass Deutschland weiterhin seine humanitären Aufgaben erfüllt und ein Ort des Willkommens bleibt. Deshalb engagieren wir uns mit vereinten Kräften für Weltoffenheit, Solidarität und Demokratie in Hamburg, Deutschland und Europa.

DGB Hamburg; Olaf Harning