Foto: IG BAU.
01.05.2020
Archivmeldungen 2020
Die Corona-Krise stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen, im Eiltempo beschloss der Bundestag milliardenschwere Hilfspakete für die Wirtschaft. Für die Beschäftigten bleibt oft nur der Weg in die Kurzarbeit - und damit in finanzielle Bedrängnis. Einige Arbeitgeber der Gebäudereinigung haben in dieser Krise Verantwortung übernommen - und kommen ihrer Belegschaft ein Stück weit entgegen. Allen voran ein Unternehmen aus Hamburg.
In vielen Berufen sind die Gehälter so gering, dass 60 oder 67 Prozent des letzten Netto-Entgelts nicht zum Leben reichen. Viele ArbeitgeberInnen lehnen die Forderung der Gewerkschaften nach einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes ab. Aber es gibt auch positive Beispiele von Betrieben, die ihrer sozialen Verantwortung gegenüber den MitarbeiterInnen nachkommen.
 
Weißer Text auf blauem Grund, umramt von einem roten Federstrich in Form eines Herzen. Dank an alle MitarbeiterInnen der Unternehmensgruppe Bogdol.

Anzeige in einer Bouevardzeitung am 11. und 15. April 2020 (Grafik: Bogdol Unternehmensgruppe).

Mit einer besonderen Geste hat sich das Hamburger Reinigungsunternehmen Bogdol für den Einsatz seiner Beschäftigten in der Corona-Krise bedankt. Wenn auch sicher nicht ganz uneigennützig: In zwei Anzeigen, die Bogdol in einer großen Boulevardzeitung schaltete, wird die wichtige Rolle der Reinigungskräfte in der Bekämpfung von Covid-19 betont: "Respekt - denn dieser Einsatz macht uns stolz. Wir danken allen an unserer Seite", lässt das Unternehmen seine Belegschaft wissen.
Bogdol-Betriebsrätin Bedra Duric freut sich über diese Geste, sie hatte ihrem Arbeitgeber zuletzt regelmäßig berichtet, wie schwer es die Beschäftigten in den Objekten haben. "Nun ist die Unternehmensleitung selbst auf die Idee gekommen, sich auf diesem Wege bei den MitarbeiterInnen zu bedanken." Duric: "Die GebäudereinigerInnen arbeiten die ganze Zeit während der Corona-Krise. In der Öffentlichkeit hört man nur „Dank an Pfleger, LKW Fahrer, Ärzte…“, über Reinigungskräfte wird kaum gesprochen. Was unsere Leute gerade leisten, dass sie ihre Gesundheit riskieren, sehen leider nicht alle Arbeitgeber."

Bedra Duric, Betriebsrätin bei der Bogdol Gebäudemanagement GmbH (Foto: IG BAU).

"Dass das keine leeren Worte sind, beweist BOGDOL tagtäglich", meint auch IG BAU-Branchensekretär Jörn Förster. "Schon frühzeitig wurde hier mit dem Betriebsrat und unter Beteiligung der IG BAU Hamburg eine Rahmenvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit abgeschlossen, in der soziale Belange absolute Priorität haben."

"Ziel dieser Vereinbarung war und ist es", so Förster weiter, "Kurzarbeit mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu verhindern". Zwar kommt auch BOGDOL nicht ganz um dieses Instrument herum: Ab Anfang Mai sind zwei Objekte in der Gastronomie und im Tourismus-Sektor von Kurzarbeit betroffen. Aber „Mit Herz und Verstand“ haben sich Geschäftsführung und Betriebsrat dieser Problematik gestellt und die Folgen für die Beschäftigten abgemildert. Jörn Förster: "So werden wir die Krise gemeinsam meistern!"


 

Aufstockungen in anderen Unternehmen der Branche

Auch andere Dienstleistungs- und Gebäudereinigungsunternehmen haben in den letzten Tagen mit ihren Betriebsräten Vereinbarungen getroffen, die die Beschäftigten trotz Kurzarbeit besser stellen. Das zeigt wieder einmal: gute Betriebstäte machen vor allem in der Krise den Unterschied. Diese Beispiele sollten Schule machen! Deshalb stellen wir hier die Eckpunkte verschiedener Betriebsvereinbarungen kurz vor:

ISS – Um die finanziellen Auswirkungen auf die MitarbeiterInnen bei ISS abzufedern, wurde eine Aufstockung zum Kurzarbeitergeld (KuG) von bis zu 80 Prozent gemäß folgender Tabelle vereinbart:
März 2020: Aufstockung auf 80 Prozent der Nettoentgeltdifferenz
April 2020: Aufstockung auf 80 Prozent der Nettoentgeltdifferenz
Mai 2020: Aufstockung auf 75 Prozent der Nettoentgeltdifferenz
ab Juni 2020: Aufstockung auf 70 Prozent der Nettoentgeltdifferenz

Sollte nach Abschluss dieser Betriebsvereinbarung durch den Gesetzgeber beschlossen werden, dass entweder das Kurzarbeitgebergeld (KuG) erhöht wird oder der Staat den Arbeitgeber*innen Aufstockungen zum Kurzarbeitergeld (teilweise) ersetzt, dann erhöht die*der Arbeitgeber*in die Aufstockungsbeiträge um bis zu maximal 10 Prozent auf maximal 90 Prozent der pauschalierten monatlichen Nettoentgeltdifferenz.

Plural / Compass Group – Auch bei der Compass Group vertritt der Betriebsrat die Meinung, dass 60 Prozent beziehungsweise 67 Prozent des letzten Entgelts für die meisten Beschäftigten der Branche ein finanzielles Problem sei. Daher schloss der Betriebsrat eine Rahmenvereinbarung mit dem Arbeitgeber zur Kurzarbeit ab, in der das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent aufgestockt wird. Die Aufstockung gilt für alle Sparten des Unternehmens.

APLEONA GmbH – Bei APLEONA hat der Konzernbetriebsrat (KBR) eine Rahmenvereinbarung Pandemie, einen Vorschlag für Kurzarbeit und Homeoffice abgeschlossen. Die Betriebsvereinbarungen Kurzarbeit und Homeoffice werden regional abgeschlossen. Sie orientieren sich an dem Vorschlag des Konzernbetriebsrats. Die Aufstockung beträgt 10 Prozent.

Vinci Energies Deutschland (VED) – Bei VED hat der KBR ebenfalls eine Konzernbetriebsvereinbarung (KBV) Pandemie, Kurzarbeit (inklusive einer Musterberechnung Zuschlag Kurzarbeit) und mobiles Arbeiten abgeschlossen. Der Aufschlag auf das Kurzarbeitergeld beträgt 10 Prozent der bereits in der KBV Pandemie verankert ist. Zur VED gehören unter andrem Vinci Facilitys, die G+H Group sowie Isolierung Leipzig.

Sowohl bei Vinci Energies Deutschland wie auch bei der APLEONA GmbH gibt es zu der Aufstockung des Kurzarbeitergeldes noch jeweils einen „Härtefallfond“ für besonders betroffene Mitarbeiter*innen.

SPIE GmbH – Bei der SPIE GmbH wurde der Rahmentarifvertrag (RTV) befristet verändert. Begleitend dazu, hat der Gesamtbetriebsrat (GBR) eine Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV) zur Kurzarbeit abgeschlossen in der ebenfalls eine Aufstockung um 10 Prozent festgeschrieben wurde.

BELFOR Deutschland GmbH – Bei BELFOR hat man sich darauf geeinigt, eine Aufstockung von 500,- Euro zu zahlen. Auf Grundlage der Eckentgeltgruppe 6 entspricht dies 80 Prozent. Für die unteren Lohngruppen erhöht sich der prozentuale Anteil, für die Besserverdienenden verringert er sich. Somit hat man versucht, es ein wenig gerechter zu machen und denjenigen, die weniger verdienen, mehr zukommen zu lassen.

IG BAU / IG BAU Hamburg / Olaf Harning